Chef:innensache Jahreskonferenz 2021: "Don’t stop me now"

Veranstaltung Chef:innen Jahreskonferenz 2021: „Don’t stop me now“

Die Dimensionen von Inclusion, die Rolle jeder einzelnen Führungskraft und stetiges Hinterfragen – das sind nur einige der Impulse für mehr Chancengerechtigkeit, die die mehr als 2.000 Teilnehmenden der sechsten Jahreskonferenz der Initiative Chef:innensache mitgenommen haben. Unter dem Motto „Wandel in Echtzeit – fair und digital in die Zukunft“ teilten am 14. Juni 2021 dutzende Top-Redner: innen ihre Erfahrungen der letzten Monate. Die Expert:innen aus diversen Wirtschaftszweigen erklärten, welche Best Practices ihnen im Unternehmen helfen und welche mutigen Schritte sie sich selbst verordnet haben. Julia Sperling-Magro, Partnerin bei McKinsey und Leiterin des Koordinationsteams der Initiative Chef:innensache, fasste die derzeitige Gemengelage zusammen: „Wir sehen verschiedenste Bekundungen. Aber es fehlt uns ein breiter Wandel, der auch Geschwindigkeit aufnimmt. Wir müssen jetzt Tempo aufnehmen.“

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Gemeinsam mit Agnes Heftberger, Geschäftsführerin bei IBM und diesjähriger Host der Konferenz, eröffnete Julia Sperling-Magro die Jahreskonferenz 2021, die aus dem IBM iX Studio Berlin live auf YouTube übertragen wurde. Beide richteten einen dringenden Appell an die deutsche Wirtschaft. Es gelte, jetzt die notwendigen Schritte für mehr Chancengerechtigkeit in den Unternehmen zu gehen, da die aus der Krise entstandenen Impulse sonst zu verpuffen drohen oder sich gar in Rückschritte verwandeln könnten. Agnes Heftberger berichtete von ihren persönlichen Erfahrungen in den vergangenen Monaten: „Mein Sohn sollte in die Kita gehen, es gab aber keinen Platz. Zwei Monate später waren plötzlich viele Plätze frei. Es gab eine Rückbesinnung zu alten Familienmodellen, die eigentlich schon der Vergangenheit angehört haben.“

Chancengerechtigkeit im Bundesverteidigungsministerium

Der erste Keynote kam von Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesministerin der Verteidigung. In ihrer Rede machte sie deutlich, dass Diversität einen handfesten Mehrwert schaffe – speziell bei der Bundeswehr. Kramp-Karrenbauer zeigte sich dabei optimistisch und realistisch zugleich: „Die Entwicklung hin zu mehr Vielfalt ist keine, die immer linear und ohne Brüche geht. Sie ist eine, die sich in jeder Echtzeit neu bewähren muss.“ Dafür bedarf es einer nüchternen Analyse der Realität und effektive Ansätze, vor allem um Vorurteile – auch unbewusste – zu vermeiden. (Mehr über die Assessment-Center der Bundeswehr finden Sie hier.)

Chef:innensache Jahresreport

Den Jahresreport 2021 der Initiative Chef:innensache können Sie sich hier herunterladen.

Hier können Sie sich das Factsheet herunterladen.

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Wie inklusiv sind deutsche Führungskräfte?

Im Perspektivengespräch stellte Cornelius Baur, Senior Partner und Mitglied des globalen Vorstands McKinsey & Company, die Ergebnisse des Inclusion Pulse Checks (siehe auch unser Jahresreport 2021) vor. „Entscheidungen werden immer dann besser, wenn es heterogene Meinungen gibt und wenn aus dem Konflikt konstruktiver Blickwinkel Lösungen entstehen. Viele wollen diesen Konflikt nicht“, teilte er seine Sicht auf die Bedeutung von Inclusion. „Am Ende ist es die Aufgabe jeder einzelnen Führungskraft, für inklusive Diskussionen zu sorgen. Gute Entscheidungen müssen Konflikte aushalten und heterogene Meinungen berücksichtigen.“ Nur mit gelebter Vielfalt könnten Unternehmen in Zukunft überhaupt im Wettbewerb bestehen, so Baur. Unternehmerin Tijen Onaran pflichtete ihm bei: „Firmen können divers sein, aber Diversität ist eben nicht gleich Inclusion. Ich kann noch so divers sein, aber die Mitarbeiter:innen müssen sich auch zugehörig fühlen.“

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Prof. Dr. Katharina Wrohlich, Wissenschaftlerin am DIW Berlin, lobte die Auswirkungen des neuen Führungspositionengesetzes (FüPoG II) und fand dennoch mahnende Worte: „Viele Unternehmen haben vorauseilend gehandelt. Das Gesetz führt tatsächlich zu höheren Frauenanteilen in den Vorständen. Aber das ist noch keine Garantie, dass Frauen dort auch erfolgreich sind. Unternehmen müssen langfristig für eine inklusive Unternehmenskultur sorgen.“

Den Blick nach vorn richtete Gabriele Schwarenthorer, CHRO DACH bei IBM: „Wir haben gerade am Arbeitsmarkt einen War for Talents um Frauen in Digitalisierungspositionen.“ Deshalb sei es umso wichtiger: „Wir müssen maximale Flexibilisierung der Arbeit bieten und das braucht es auch in der Zukunft.“

Wandel in Echtzeit bei den Chef:innensache-Mitgliedern

Beim Führungskräfteaustausch gaben Martin Seiler, Vorstand für Personal und Recht der Deutschen Bahn, Renate Wagner, Personalvorständin der Allianz, und DPDHL-Personalvorstand Thomas Ogilvie einen Einblick in die Diskussionen und Strömungen in ihren Unternehmen. Zielgrößen seien das eine, doch es herrsche Einigkeit darüber, dass Chancengerechtigkeit ganzheitlich gedacht werden müsse. „Wir haben klare Ziele. Wir wollen in allen Ländergesellschaften eine 30%-Frauenquote. Aber um das zu erreichen, braucht es Orientierungsgrößen in allen Management-Ebenen und im Talentpool.“ Um in den nächsten Jahren 1.000 Stellen mit Frauen zu besetzen, hat DPDHL die unterschiedlichsten Maßnahmen gestartet, unter anderem mit „Shift up a gear“ ein ganzheitliches Entwicklungsprogramm für Frauen in Führung (Mehr dazu hier und hier.

Martin Seiler wies ebenfalls darauf hin, dass wirklich jeder und jede einen Beitrag leisten muss. „Jede Führungskraft musste liefern und sagen, wie ihr Beitrag für mehr Frauen in Führungspositionen lautet.“ Wichtig dabei sei es, mit den geäußerten Sorgen umzugehen. „“Es gibt durchaus Männer, die uns sagen „Wir haben eh keine Chance mehr“ und Frauen, die uns sagen: „Ich komme nur in die Position, um die Quote zu erfüllen.“ Hier muss man mit gezielter Kommunikation klarstellen, dass die Maßnahmen alle in Anspruch nehmen können und Qualifikation das ausschlaggebende Kriterium bleibt. Renate Wagner von der Allianz berichtete vom Stand der Bestrebungen, die Pay Gap konsequent abzuschaffen.

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Podiumsdiskussion „Bereit für die Zukunft“

Bei der darauffolgenden Podiumsdiskussion der Jahreskonferenz machte Judith Wiese, Vorständin und Arbeitsdirektorin der Siemens AG, deutlich, welche Rolle die Digitalisierung beim Erreichen von Chancengerechtigkeit spielen werde: „Es gibt in vielen Bereichen Digitalisierung einzusetzen, um Flexibilisierung und Teilhabe zu ermöglichen. Digitalisierung kann demokratisieren.“ Die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz rückte Heike Riel, IBM Fellow Headservice and Technology, Lead IBM Research Quantum Europe & Africa, in den Vordergrund: „KI soll keine HR-Entscheidungen treffen, sondern Menschen eine Informationsgrundlage für gute Entscheidungen liefern.“

Doch Kulturveränderungen lassen sich nicht allein durch Vorschriften umsetzen, gerade unbewusste Vorurteile müssen weiterhin gezielt angegangen werden. Dabei hob Nicole Büttner, Founder und CEO von Merantic Labs, zweierlei in den Fokus: „Schulungen sind wichtig. Aber wir können unsere Bias nur schlecht überwinden. Wir versuchen, parallel auf Prozesse zu bauen, bei denen Biases gar nicht mehr entstehen können.“

Und Rainer Esser, Geschäftsführer von DIE ZEIT, ergänzte: „Der Fisch stinkt immer vom Kopf her. Also muss der Chef selbst für den nötigen Wandel sorgen. Es ist eine Frage der Kultur und die muss von den Führungskräften vorgelebt werden.“ Digitale Tools können dabei unterstützen.

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Internationale Perspektiven auf Chancengerechtigkeit

Zugeschaltet aus dem Homeoffice in Connecticut, ein paar Meilen von New York entfernt, wurde IBM-CEO Arvind Krishna. Im Gespräch mit Julia Sperling-Magro betonte er die Bedeutung von Diversity, Equity und Inclusion gerade für ein Technologieunternehmen wie IBM: „Taking care of diverse talent is key to deliver on our promise of technology and performance.” Sorge bereite ihm vor allem die Spaltung, die die Pandemie gebracht habe: “What the pandemic has shown us is a on separation – a separation based on skills.” Sein Aufruf: “Let’s learn! None of us know all answers. In a few years we will be in New Normal.”

Die Bedeutung von Noise

Ebenfalls zugeschaltet waren Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Strategieberater Olivier Sibony, die aus ihrer Forschung berichteten: Gute Entscheidungen werden durch eine Vielzahl von Störfaktoren gestört – Biases seien die einen, Noise das andere. Wichtig sei es, zu akzeptieren, dass man diesen “Noise” nicht verhindern, aber Unternehmen dahingehend verändern könne, dass es weniger anfällig für diese Vorurteile sind.

Mehr Tempo aufnehmen

In der Schlussrunde resümierten das ZEIT-Moderationsteam Amna Franzke und Manuel Hartung gemeinsam mit Julia Sperling-Magro und Agnes Heftberger die gewonnenen Erkenntnisse: „Es geht nicht nur um Männer und Frauen. Es wird echt Zeit, dass wir einander nicht trennen, sondern alle Gesellschaftsgruppen mitnehmen, damit wir echte Diversität leben können.“
Manuel Hartung erinnerte daran, dass Heftberger zu Beginn „Don’t stop me now“ von Queen als einen ihrer Lieblingssongs genannt hatte. Jetzt sei nicht die Zeit zum Innehalten. Jetzt sei die Zeit zum mutigen Voranschreiten.

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